Martyrologium

Hl. Germaine Cousin

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* 1579 in Pibrac bei Toulouse + 15. Juni 1601 ebd. Etwa zwanzig Kilometer westlich von Toulouse im Südwesten Frankreichs liegt der Ort Pibrac, in dem drei Gebäude die übrigen Häuser überragen: die Pfarrkirche, ein Schloss und – am auffallendsten – eine hochragende, im romanisch-byzantinischen Stil erbaute Basilika vom Beginn des 20. Jahrhunderts, eingeweiht am 15. Juni 1967 zur Jahrhundertfeier der Heiligsprechung eines 22-jährigen Mädchens, das fast 400 Jahre vorher hier lebte: Germaine (Germana) Cousin Die Lebensgeschichte Germaine war von Kindheit an leidend (sie hatte Skrofulose, eine Haut- und Lymphknotenerkrankung) und eine verkrüppelte oder lahme rechte Hand. Früh verlor sie ihre Mutter. Ihr Vater heiratete bald wieder, und diese seine zweite Frau behandelte Germaine recht grausam. Mit dem Vorwand, ihre Kinder – Germaines Halbgeschwister – von der Ansteckung mit Skrofulose zu schützen, konnte sie den Vater bewegen, das Mädchen aus dem Haus zu entfernen und ihm einen Schlafplatz im Stall anzuweisen, auf einem Lager aus Zweigen von Weinstöcken. Germaine war zudem von Kindheit an das Hüten der Schafe aufgetragen. Sie sammelte auch die Kinder des Dorfes und bemühte sich, in ihnen den Geist der Liebe zu JESUS und Maria zu wecken. Es wird erzählt, dass sie gebeten hat. „Lieber GOTT, lass mich nicht zu hungrig oder zu durstig sein. Hilf mir, dass ich meine (Stief-) Mutter erfreue. Und hilf mir, dass ich Dir gefalle.“ Leben und Verhalten der jungen Hirtin rief bei den Dorfbewohnern manchen Spott hervor. Als sich aber wunderbare Dinge herumsprachen, entstand Ehrfurcht und Scheu ihr gegenüber. So wird überliefert, dass der Bach Courbet, den Germaine auf dem Weg zur Kirche überqueren musste, nach heftigem Regen oder der Schneeschmelze Hochwasser hatte und die Furt nicht durchschritten werden konnte. Doch weil Germaine die hl. Kommunion nicht versäumen wollte, fasste sie den Entschluss, doch die Fluten zu durchqueren, betete aber zuvor und bekreuzigte sich. Sie konnte ungehindert den Fluss durchqueren, ohne dass ihre Kleider nass wurden. Das sei mehrmals geschehen und von Leuten beobachtet worden, die Germaines Gewohnheit, zur hl. Messe zu gehen, kannten und sie nun wegen der misslichen Lage verlachen wollten. Ein weiteres Wunder, das von ihr erzählt wird, erinnert an die hl. Elisabeth von Thüringen: Germaine fand ungeachtet ihrer eigenen Not und Armut Möglichkeiten, anderen Armen zu helfen und das wenige Brot, das man ihr gönnte, zu teilen und weiterzuschenken. Die Stiefmutter, die ihr misstraute und meinte, sie habe aus dem Haus Essen gestohlen, jagte sie mit einem Knüppel, doch als sich die Schürze des Mädchens öffnete, war kein Brot darin, sondern – es war an einem Wintertag –, es fielen Sommerblumen heraus. Germaine gab eine der Blumen der Stiefmutter und sagte: „Mutter, bitte nimm diese Blume an. GOTT schickt sie dir als Zeichen Seiner Vergebung.“ Als auch ihr Vater zur Einsicht kam, wie unwürdig Germaine behandelt wurde, verbot er seiner Frau eine weitere so harte Behandlung. Er wollte Germaine wieder ins Haus zurückholen, doch sie bat darum, ihren bisherigen Schlafplatz im Stall zu behalten. Als sie eines Morgens im Frühsommer 1601 nicht zu üblichen Stunde mit ihren Schafen loszog, fand man sie tot auf ihrem Lager aus Zweigen von Weinreben. Sie war zweiundzwanzig Jahre alt. Ungeachtet der geschilderten wunderbaren Zeichen und der Achtung, die man Germaine mit der Zeit entgegenbrachte, war ihre Heiligkeit doch verborgen und ihr Leben geriet in Vergessenheit. Die Entdeckung des Grabes und die Geschichte ihrer Verehrung Als über vierzig Jahre nach dem Tod Germaines, im Dezember 1644, der Totengräber Guillaume Cassé das Grab öffnete, um eine verstorbene Frau dort beizusetzen, wie sie dies im Testament gewünscht hatte, fand man den Leib eines jungen Mädchens ganz frisch und unversehrt, der Kopf mit einem Kranz von Nelken und Roggenähren umgeben, der zwar verwelkt war, aber auf den Todeszeitpunkt im Juni hinwies. Der erste Spatenstich hatte unglücklicherweise die Nase verletzt; die Wunde erweckte den Eindruck von lebendigem Fleisch. Keiner der Anwesenden kannte das Mädchen, aber die sensationelle Nachricht sprach sich herum, und zwei Alte des Dorfes, Pierre Paillès und Jeanne Sallères, erkannten die Tote (wie sie es auch 1661 bei der Befragung durch Domherr Dufour bestätigten): Das ist Germaine Cousin, die behindert war und an Skrofulose litt - man sah die Narben am Hals und die behinderte Hand - und die man wegen ihrer besonderen Religiosität die „Frömmlerin“ nannte. Pfarrer Gounilhac sah in diesem Geschehnis ein Zeichen GOTTES, ließ den Leib in einen provisorischen Sarg legen und diesen in der Nähe der Kanzel aufstellen. Eine edle Dame, Madame de Beauregard, die nach Anrufung von Germaine von einem bösartigen, unheilbaren Brustkrebs geheilt worden war, stiftete einen Bleisarg. Diese Heilung erweckte großen Eindruck und setzte einen großen Zustrom von Menschen aus dem Dorf und der Umgebung zur „kleinen Heiligen“ in Gang. Portrait in weiß auf gepresstem Frauenmantelblatt, Foto: EVA