Tagebuch Alma Gold

 

Von Dingen die mich rufen.

Schattenriss 1

 

Alma Gold, Teil 1

Am 15. September 2016 wollen Eva und ich an den Stein! Eva wird fotografieren.
Mitnehmen:
Luftpumpe, Sitzkissen, Dreibeinstuhl, Regenschirm, Goldfarbe vom Steinmetz, Lösungsmittel???, Lappen, Flasche, Wasser, Telefonnummer Herr Wurster, Schraubgläser, Radiernadel, verschiedene Pinsel, Brille, Drahtbürste, Feilen und Schnitzwerkzeug, Jans Raspel, Specksteinraspel.

Irgendwann später bis Herbst, möchte ich  eine Rose pflanzen am Stein, der irgendwann zu einem Gedenkstein für Alma de l`Aigle gemacht wurde.
Schade, die „Marechal Niel“, die für Alma die vollkommene Rose war, ist nicht winterhart…sie wuchs im Gewächshaus im Garten ihrer Kindheit.

 

Alma vorher

 

Um 10 Uhr treffen wir uns vor Ort, da später die Sonne zu viele Lichtreflexe auf den Stein wirft, gemischt mit Schatten von Zweigen….das behindert beim sauberen Vergolden.

 

Vorgeschichte: So fand ich den Stein vor ein paar Jahren, als er mich anrief, ich solle ihn reparieren.

 

Gedenkstein vorher

 

Eine Passantin im Niendorfer Gehege erzählte uns, dass der Förster Hermann Döring, der damals der fürs Niendorfer Gehege Verantwortliche war (als Alma den Stein dort bekam?) und dass danach der Peter Jacobsen das Amt übernahm. Wer diesen Gedenkstein dann mal zwischenzeitlich so mit weißer Farbe gutwillig vermasselt hat, weiß kein Mensch.

 

Reinigung

 

Heute hat Evas und mein alter Freund Jan Amelung Geburtstag. Er ist Steinbildhauer. Ein Zufall….genau an dem Tag, den ich mir für die Restaurierung ausgesucht habe.

Eva sagt, der Baum hinterm Gedenkstein sei eine Robinie, das ist eine Scheinakazie. Sie wurde gepflanzt an einem Tag des Baumes, zusammen mit der Gedenksteinsetzung nach Almas Tod 1959.Ihr Grab ist nicht weit, auf dem Alten Niendorfer Friedhof. Sie steht als Erstverstorbene auf dem Grabstein ganz oben. Die Schrift hat noch Luft. Drunter sind dann mehr und mehr gequetscht die Namen ihrer beiden Schwestern und der einer anderen Frau verzeichnet. Allen de l’Aigles hat der Steinmetz fälschlicherweise ein „s“ ans Ende des Nachnamens gemeißelt. Sehr rätselhaft!

Am Stein nehmen wir einen muschel-fischigen Geruch wahr. Vielleicht wird von Hunden viel dagegen gepinkelt. Ich hocke mich auf mein Kissen vor den Stein und mache mich daran die Reste der alten weißen Blatternschrift abzukratzen, bis ich eine Blase am Daumen habe, von meiner Specksteinraspel.

 

Specksteinraspel

 

Die Goldfarbe war sehr schwierig  aufzubringen, da etwas zu zäh. Ich hatte versäumt die passende Verdünnung zu besorgen. Mit der richtigen Menge Farbe am Pinsel ließ es sich aber schaffen.

 

Vergoldung Detail

 

Wolkenloser Himmel. Die Sonne bringt wunderschön den Sinn einer Ver-Goldung hervor.          Gold ist extrem wandlungsfähig. Es erscheint dumpf und tot oder scheint wie das Sonnenlicht selber, wenn es angestrahlt wird. Alma hat das Gold verdient!

Ich weiß nicht, warum ich diesen Stein unbedingt restaurieren wollte. Es sprang mich einfach an und dann kam eins zum anderen. Alma de l’Aigle liegt mir inzwischen am Herzen,- ich habe viel über sie gelesen und viel durch sie entdeckt.

 

Vergolden Alma

 

Ich vergaß alles, auch Eva, die mich fotografierte. Eva muß eine ungeheure Geduld aufgebracht haben! Ich brauchte 4 Stunden. Ich war überglücklich als ich es geschafft hatte.

 

Glückliche Steinumarmung

 

Nachtrag:                                                                                                                                                     Eva hatte uns an diesem Tag ein göttliches Franzbrötchen von ihrem Bäcker in Lurup mitgebracht. Das schmeckte nicht nur hervorragend sondern ragte aus der Ecke mancher Fotos hervor. Durch dieses Franzbrötchen, was ja von Natur aus Ausdruck hat (zum Beispiel richtige Augen) ist „Alma Gold“ noch viel mehr geworden als das was wir vorher auch nicht wußten.

 

Heiliges Franzbrötchen

 

Alma Gold, Teil 2

Am 27.09.19 um 9.45 Uhr haben wir uns wieder am Stein getroffen. Eva brachte mir eine Sissi-Wackelbild-Postkarte mit und wieder zwei Franzbrötchen aus Luruphausen.
Ich wollte noch die kleinen weißlichen Pünktchen um die Zahl 1959 abmildern  und das Apostroph etwas ausdehnen. Eva hat noch paar Schattenriss-Fotos meines Profils auf dem Stein gemacht. Es gab eine wunderbare Morgensonne für uns.

 

Schattenriss Alma Gedenkstein

 

Später noch eine Rose pflanzen am Stein. Kletterrose, wie die „Long John Silver“, Halbstammrose, Trauerrose, die hellgelbe „Golden Dawn“ wäre toll…ach die gibt es nicht mehr, nur noch die „New Dawn“. Oder besser die „Schneezwerg“ oder die „Rosa canina var Kiese“ oder die „Captain Christy“? Aus „La France“ wurde „Madame Caroline Testant“, eine der ersten Teehybriden.

Alma schwärmte von den alten, dicht gefüllten Rosensorten im Garten des Vaters und plädierte für die Weiterzüchtung der „nickenden“ Rosen.

1958 brachte die Baumschule Wohlt (gibt’s nicht mehr) dann die Rose „Isabella“ in den Handel. Nach Almas Tod 1959 wurde diese dann als „Andenken an Alma de l’Aigle weitergeführt.

Hab bei „Strobel“ online geschaut, da ist diese Rose ausverkauft!

Bodenprobe am Gedenkstein entnehmen und bei der Baumschule analysieren lassen!

Auf Seite 318 ihres Buches: „Begegnung mit Rosen“ setzt Alma sich für das,- ich sag mal- „Guerilla gardening“ ein. Sie gibt gute Tipps dazu, auch welche Rosensorten sich eignen um sie wild in Brachen zu pflanzen. Eine der von ihr Empfohlenen, die Wildrosenhybride „Suaveolens“ habe ich tatsächlich bei der Rosenbaumschule Kordes in Klein Offenseth – Sparrieshoop später bekommen. Die meisten Sorten gibt es bereits nicht mehr. Im zweiten Jahr nach Pflanzung wird die Suaveolens weiß blühen und sie soll eine stark duftende Rose sein.
Alma hat sich intensiv für die duftenden Rosensorten eingesetzt die zu ihrer Zeit bereits aus der Mode gekommen waren.

 

Alma Gold, Teil 3

Am 7. Oktober 2016 sind Eva und ich nach Klein Offenseth-Sparrieshoop zur Rosenbaumschule Kordes gefahren. Herr Pöllsner hatte angekündigt, dass alle Rosen dann zu erwerben seien. Hervorragend war der handgeschnitzte „Kordes“ Schriftzug über der Klotür im Gebäudetrakt der den Büros. Der Klotrakt hatte giftgrün gestrichene Türen.

 

Klos bei Cordes Rosenbaumschule

 

Kordes hat eine eigene Benzinzapfstelle für Diesel und Super auf dem Vorhof der Warenausgabe und einen Rosengarten mit Kordes-Brunnen.

 

Eva bei Cordes

 

Unser Kontaktmann erwies sich als nicht sonderlich interessiert an Alma de l’Aigle und unserem Projekt. Er war eher mißmutig. Sein Haarschnitt war 70 er Jahre roundabout .

Er berichtete, dass die alten Sorten sich nicht mehr lohnen, besonders bei Kordes‘ mittlerweile Riesen-Betriebs-Dimension. Dennoch mußte er auch uns, obwohl wir ja nur jeweils eine einzige Rose kauften (Eva nahm sich die Suaveolens auch für ihren Garten mit) extra als Kundinnen in seinen Computer einspeisen und das war wohl nicht erbaulich für ihn. Ach ja, Eva nahm noch zusätzlich die „Gräfin Diana“.

Beachten: Erde 5cm über die Veredelungsstelle anhäufeln!

 

Warenausgabe bei Cordes

 

Bei Kordes war es im Großen und Ganzen recht beengend. So wie in den Ausflugslokalen im Alten Land als ich Kind war. Wir fanden Ansichtskarten zur „Rose der Einheit“. Gestiftet, benannt und/oder was auch immer durch die Eberhard Family!

Leider gehören dieser großartige Fund, genauso wie unser Franzbrötchen zu einem Paralleluniversum.

Sie wohnte nach dem Krieg in der Johnsallee 67. Dort in Dammtornähe hat sie auch einen öffentlichen Rosengarten angelegt. Gibt’s leider nicht mehr.

Alma: „Lavendel und Souvenir, das gehört zusammen“

Der „Gartenzwerg“ gilt für sie als letzte Epigone der Zeit als die Götter noch zu den Menschen kamen.

Das Habichtskraut gilt ihr als „dumm und seelenlos“.

Die Kassler Rosenterrassen befinden sich auf dem größten Schutthaufen des Krieges, las ich irgendwo in ihrem Rosenbuch.

Alma empfahl, etwas Hühnermist ins Pflanzloch zu schütten aber bitte kein Kontakt von Mist und Wurzeln! Am Stein ist es schattig bis 11 Uhr vormittags, mit Sonnenflecken durch die Bäume. Blick auf eine offene Wiese.

 

Altes Sektglas1

 

Alma Gold, Teil 4

Am 18.10.2016 haben wir die Rose nach Almas Anweisung gepflanzt. Die Wurzeln der Robinie ließen uns eine Lücke. Eva knickte einmal um und ihr Fuß versank im Pflanzloch. Ich erzählte ihr, dass ich noch nicht dazu gekommen sei, meine Haaransatz strähnchen auszubessern und mich deshalb schämen würde, wenn sie mir auf den Kopf fotografiert.

 

Eva gräbt das Rosenpflanzloch

 

Da wir nun begonnen haben Rosen wild in die Gegend zu pflanzen, gehören wir zu dem von Alma gegründeten BDHR, dem Bund der heimlichen Rosenpflanzer.

 

Einsetzen der Rose

 

Eva sät Vergissmeinnicht am Stein

 

Eva sät Vergissmeinnicht am Stein

 

Alma_Zitat: „ Ja, Gärten und Kinder sind es, um die es sich lohnt zu leben.“

 

Franzbrötchen mit Suaveolens

 

Nervenheilanstalten sollten Rosengärten haben, sagte Alma.